Berlin, digital: Gunda-Werner-Institut der Heinrich Böll Stiftung
Eine Veranstaltung mit Herausgeberinnen und Autor*innen des Handbuches „Feministische Perspektiven auf Elternschaft“
Moderation: Lisa Yashodhara Haller und Alicia Schlender (Herausgeber*innen)
Lesung mit den Autor*innen Yandé Thoen-McGeehan, Susanne Schultz & Taleo Stüwe
Beschreibung:
Im deutschsprachigen Raum war Elternschaft in den feministischen Diskursen lange Zeit Gegenstand der Abgrenzung. Bis heute gibt der Gleichheitsfeminismus den Ton an und orientiert sich an der Gleichheit mit Männern – ungebunden und durch Frauen von Fürsorge befreit. Durch feministische Kämpfe sollte eine solche Autonomie auch für Frauen erstritten werden. Selbstbestimmung schien dabei mit der Sorge um ein abhängiges Kind nicht vereinbar zu sein. Peu à peu jedoch erhält ein Bedeutungswandel Einzug in feministische Debatten und Kämpfe, die sich nicht länger gegen Elternschaft richten, sondern vielmehr gegen die Verhältnisse, in denen Elternschaft zur Zumutung wird.
Genau diese Verhältnisse sozialer Ungerechtigkeit und ihre Auswirkungen auf reproduktive Rechte kritisierten Anfang der 1990er Jahre Schwarze Feminist*innen in den USA und forderten reproduktive Gerechtigkeit für alle. Weiße feministische Kämpfe für das Recht auf Abtreibung waren wichtig, aber nicht genug – denn marginalisierten Personen wurde viel zu oft das Recht auf Elternschaft abgesprochen. Einer der Grundsätze der hieraus entstandenen Theorie und Praxis der Reproduktiven Gerechtigkeit wurde das Recht auf selbstbestimmte Elternschaft. Doch was braucht es, um in einer rassistischen, ableistischen, klassistischen und queerfeindlichen Welt Kinder zu bekommen und sie unter sicheren und würdevollen Umständen groß zu ziehen? Dabei wird eine Vielfalt von Fragen rund ums Elternsein diskutiert: welche Kinder und vor allem wessen Kinder sind staatlich erwünscht? Wer wird staatlich unterstützt, um Eltern werden zu können? Wessen Kinder haben Chancen materiell sicher aufzuwachsen?
In den letzten Jahren erhält das Konzept der Reproduktiven Gerechtigkeit Einzug auch in deutschsprachige feministische Debatten. Das gerade erschienene „Handbuch Feministische Perspektiven auf Elternschaft“ versammelt schlaglichtartig bisher marginalisierte Themenfelder im deutschsprachigen Diskurs, so z. B. Trans Elternschaft, begleitete Elternschaft oder rassismuskritische Perspektiven auf Elternschaft. Die Herausgeberinnen diskutieren an diesem Abend gemeinsam mit drei Autor*innen aus dem Handbuch über Chancen und Herausforderungen reproduktiver Gerechtigkeit im deutschsprachigen Raum.