Wieviel ein Kind für Mütter kosten kann

Wusstet ihr, wie viel Kinder für Mütter kosten können? Trotz all meiner Auseinandersetzung mit geschlechtsbezogener Ungleichheit finde ich es schon nochmal erschreckend, WIE SEHR das Kümmern sich finanziell niederschlägt - einmal mehr ein Unterstreichen davon, welcher Arbeit Wert beigemessen wird und welcher nicht. Ich durfte mir in der Wochenzeitung Der Freitag dazu ein paar Gedanken machen. Zwei Textausschnitte:

“Dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt mittlerweile selbstverständlich sind, ist ein Verdienst der Frauenbewegung in Deutschland, die Jahrzehnte für deren finanzielle Unabhängigkeit gekämpft hat. Die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern werden tatsächlich geringer – auch wenn eine Gender Pay Gap von 18 Prozent immer noch viel zu groß ist. Aber: hinter dieser Annäherung verschiebt sich die Ungleichheit.

Benachteiligt werden nicht mehr alle Frauen, sondern jene, die sich um Kinder kümmern – während Väter, auf das ganze Leben geblickt, sogar etwas mehr verdienen als Männer ohne Kinder.

Hinter der Debatte um die Gleichstellung wächst eine neue Kluft heran: Die der Motherhood Lifetime Penalty. Die finanzielle Bestrafung dafür, Mutter zu werden.

“Im Jahr 2024 wird es Zeit, dass wir die Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt etwas anders diskutieren. Es ist nicht so, dass die Gender Pay Gap überwunden wäre – durchlaufe ich die gleiche Ausbildung, habe vergleichbare Qualifikationen und ähnliche Erfahrungswerte wie mein Partner, verdiene ich trotzdem noch immer sechs Prozent weniger Geld als er. Einfach so. Dennoch lässt sich eine Verschiebung erkennen: wer keine unbezahlte Sorgearbeit verrichtet, hat mehr Zeit zum Geldverdienen.

Die finanzielle Gleichstellung funktioniert also unter den aktuellen Bedingungen nur, solange Sorgearbeit ausgeklammert bleibt. Sobald das energieaufwendige Kümmern hinzu kommt, schnappt die Falle zu und bringt jene, die sich kümmern, um einen erheblichen Teil des Geldes, das ihnen eigentlich zusteht. Sie arbeiten ja nicht weniger – nur unsichtbarer.

Gender Lifetime Earnings Gap, Motherhood Lifetime Penalty: Hinter diesen Fachtermini verstecken sich Ungleichheiten, die es in sich haben. Und die übrigens gegen unsere Verfassung verstoßen. Das Grundgesetz sieht nicht nur die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen vor, sondern auch die „Beseitigung bestehender Nachteile“ durch den Staat. Wieso hält die Bundesregierung an einem Ehegattensplitting fest, das dazu beiträgt, dass Männer Vollzeit arbeiten und Frauen Teilzeit? Wenn diese Gesellschaft nicht möchte, dass Mütter das Kinderkriegen mit 40 bis 70 Prozent ihres Einkommens bezahlen, während Väter für das Kinderkriegen belohnt werden – dann sollte sie sich etwas einfallen lassen. Dass kinderlose Frauen den Männern gleichgestellt werden, löst das Problem, dass Fürsorge in unserer Gesellschaft keinen Platz hat, jedenfalls nicht.”

Alicia Schlender